GEW Hessen: "Plan B“

Alternative zum angekündigten schulischen Regelbetrieb nach den Sommerferien unerlässlich Pressemitteilung 1. Juli 2020

Die GEW Hessen hält es trotz der gestern vom Kultusminister angekündigten Rückkehr zum schulischen Regelbetrieb für unerlässlich, die Schulen auf einen erneuten Wechsel aus Präsenzphasen und dem Lernen zu Hause auch im kommenden Schuljahr vorzubereiten. Bei einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen, den leider niemand ausschließen kann, könnte sich die Aufhebung des Abstandsgebots in den wieder in voller Größe unterrichteten Klassen schnell nicht mehr aufrecht erhalten werden. Birgit Koch, Vorsitzende der GEW Hessen, stellte dazu fest: „Das Ministerium handelt nach der Devise: ‚Es wird schon alles gut gehen.‘ Auch wir hoffen das. Aber diese Hoffnung kann nicht alleinige Richtschnur für die Entscheidungen der Landesregierung sein. Leider hat das Ministerium keinen Plan B vorgelegt und trifft auch keine Vorbereitungen für eine mögliche zweite Welle der Pandemie.“

In den vergangenen Wochen hat die GEW Hessen wiederholt eingefordert, die Voraussetzungen für eine optimale Kombination von Präsenzlernen und Lernen auf Distanz möglichst rasch zu schaffen. Die schon zuvor bestehenden Defizite bei der Schulsanierung, dem Lehrkräftemangel und der Digitalausstattung der Schulen haben sich in der Pandemie bitter gerächt. Daher ist nun schnellstmögliches Handeln erforderlich, etwa bezüglich der Ausstattung von Pädagoginnen und Pädagogen wie auch von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten, des raschen Ausbaus des Schulportals und der schulrechtlich verbindlichen Regelung von unterrichtsersetzenden Lernsituationen. Trotz der angekündigten Rückkehr zum Regelbetrieb darf nun keinesfalls beispielsweise die Anschaffung von digitalen Endgeräten aus dem Sofortprogramm und aus dem DigitalPakt von den Schulträgern auf die lange Bank geschoben werden.

Birgit Koch wies auch darauf hin, dass die vom Kultusminister behaupteten, angeblich guten Erfahrungen mit der vollen Öffnung der Grundschulen seit der vergangenen Woche nicht zur Rechtfertigung dieser Entscheidung taugen: „Solange wir im öffentlichen Raum, in der Straßenbahn oder im Geschäft Masken tragen sollen, halten wir einen Regelbetrieb unter ganz normalen Bedingungen mit vollen Klassen für sehr gefährlich. Wenn der Kultusminister jetzt von positiven Rückmeldungen nach der Aufhebung des Abstandsgebots an den Grundschulen spricht und diese zur Begründung für seine Planungen heranzieht, dann ist das unseriös. Ob es unter diesen Bedingungen zu vermehrten Infektionen gekommen ist oder nicht, können wir frühestens zehn bis vierzehn Tage nach Schulende wissen."

Als positiv, wenn auch überfällig, bewertet die GEW Hessen den angekündigten Ausbau des Schulportals. Dabei sollte allerdings unbedingt auch ein stabiles Videokommunikationssystem in öffentlicher Verantwortung integriert werden, um eine sichere Alternative zu in Sachen Datenschutz problematischen privaten Anbietern zu etablieren. Auch die angekündigte Bereitstellung von Schutzausrüstung und Testmöglichkeiten für Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte, die dies wünschen, ist ein richtiger Schritt. Allerdings können diese Maßnahmen leider nicht die Aufhebung des Abstandsgebots kompensieren. Nicht zuletzt für Schülerinnen und Schüler mit Vorerkrankungen oder mit Angehörigen, die zu einer Risikogruppe gehören, droht so der dauerhafte Ausschluss vom Präsenzunterricht.