Schulferien in Hessen

Wo ist die zweite Woche der Herbstferien geblieben?

HLZ 1-2/2022: Demokratie und Menschenrechte

Der Jahresbeginn ist oft auch die Zeit der Urlaubsplanung für das neue Jahr – auch wenn die angesichts der Corona-Pandemie unsicherer ist denn je. Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte im Schuldienst, die ihren Urlaub in der unterrichtsfreien Zeit nehmen müssen, und die Eltern von schulpflichtigen Kindern werfen dann einen Blick in den Ferienkalender.

In den Jahren 2022 und 2023 fallen die hessischen Ferientermine erst einmal ungewöhnlich aus: Die zweiwöchigen Osterferien 2022 liegen angesichts der eher späten Osterfeiertage Mitte April, die Sommerferien beginnen zur letzten Juliwoche. Das neue Schuljahr beginnt somit erst Anfang September. Die Herbstferien liegen Ende Oktober und sind im Unterschied zu den vergangenen Jahren nur eine Woche lang. Die Weihnachtsferien beginnen dann am 22. Dezember und enden am 7. Januar.

Auch 2023 liegen die Sommerferien ähnlich spät wie in diesem Jahr, die Herbstferien sind ebenfalls nur eine Woche lang. Die Osterferien dauern drei Wochen von Anfang April bis in die dritte Aprilwoche. Ungünstig sind diese Ferientermine insbesondere für diejenigen, die in den Winterferien gerne Skiurlaub machen: Die traditionell längeren hessischen Weihnachtsferien, die mit der „Hessenwoche“ zumeist deutlich in den Januar hineinreichen, enden 2022 und 2023 ungewöhnlich früh. Die bei Skiurlaub übliche Anreise an einem Samstag müsste bei einem einwöchigen Aufenthalt auch in den Winterferien 2023/2024 vor dem Neujahrstag erfolgen, so dass sie noch in die Hauptsaison zwischen Weihnachten und Neujahr fällt. Spätere Winterferien im Februar oder März gibt es in Hessen bekanntlich nicht. Ungünstig sind des Weiteren die nur eine Woche langen Herbstferien 2022 und 2023, in denen ein längerer Herbsturlaub somit nicht möglich ist. Zudem ist die Gesamtzahl der Ferientage im Kalenderjahr 2022 geringer als in anderen Jahren, die insgesamt zur Erholung zur Verfügung stehende Zeit fällt somit knapper aus.
Angesichts der geringen Zahl an Ferientagen 2022 stellt sich die Frage, ob die Ferienplanung so überhaupt in Ordnung ist.

Das Hamburger Abkommen
Mit dem „Hamburger Abkommen“ wurde 1964 unter anderem für alle Bundesländer einheitlich eine Feriendauer von 75 Werktagen pro Schuljahr festgelegt. Der Samstag wird dabei mitgezählt, gesetzliche Feiertage hingegen nicht. Die Ferienplanung soll in erster Linie nach pädagogischen Gesichtspunkten erfolgen, die Sommerferien in dem Zeitfenster vom 1. Juli bis zum 10. September liegen. Die regionale Staffelung der Sommerferien ist seit mehreren Jahren politisch umstritten, da Bayern und Baden-Württemberg traditionell den spätesten Termin für sich beanspruchen. Dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zufolge hat man in Bayern inzwischen einen „Biorhythmus mit den Ferien“, daher wolle er die späten Sommerferien behalten.

Hessen hingegen beteiligt sich gemeinsam mit allen anderen Bundesländern an dem rollierenden System der Kultusministerkonferenz (KMK) und befindet sich gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und dem Saarland in Gruppe IV. Die Sommerferien dieser drei Bundesländer liegen also immer gleich. Im Rahmen der langfristigen Sommerferienreglung von 2018 bis 2024 entfallen in den Jahren 2022 und 2023 die spätesten Sommerferientermine – mit der üblichen Ausnahme von Bayern und Baden-Württemberg – auf die Ländergruppe IV, somit auch auf Hessen. Über Anfang und Ende der anderen Ferien entscheiden die Bundesländer jeweils für sich, die Lage der Sommerferien und der gesetzlichen Feiertage spielt dabei selbstverständlich eine Rolle.

Dabei ist zu bedenken, dass sich die Summe von 75 Ferientagen auf das Schuljahr bezieht, nicht auf das Kalenderjahr. Der geringeren Zahl an Ferientagen 2022 steht also eine höhere Zahl im vorangegangenen und im folgenden Jahr gegenüber, dann auch in Form von drei Wochen Osterferien. Des Weiteren liegen 2022 wie bereits 2021 relativ viele Feiertage an einem Wochenende, wodurch sich die Gesamtzahl der unterrichtsfreien Tage zusätzlich reduziert. So fielen 2021 der 3. Oktober und der 2. Weihnachtsfeiertag auf einen Sonntag, 2022 gilt das für den Tag der Arbeit und den 1. Weihnachtsfeiertag. Für die nur einwöchigen Herbstferien 2022 und 2023 spricht angesichts der späten Sommerferien der pädagogische Grund, dass bei zweiwöchigen Herbstferien die Zahl der Unterrichtstage im ersten Schulhalbjahr sehr gering wäre.

Wenn die beweglichen Ferientage mitgezählt werden, erreicht Hessen in jedem Schuljahr die 75 Ferientage nach dem Hamburger Abkommen. In Abhängigkeit von den jeweiligen Präferenzen können die Ferientermine jedoch insbesondere in diesem und dem kommenden Jahr die Urlaubsplanung beeinträchtigen. Die späten Sommerferientermine ermöglichen den Hessinnen und Hessen allerdings ausnahmsweise einen späten Sommerurlaub außerhalb der Hauptsaison mit niedrigeren Preisen und weniger vollen Destinationen. Wer ausgedehnten Wintersport schätzt, muss auf die Weihnachtsferien 2023/2024 warten: Der erste Schultag 2024 ist Montag, der 15. Januar.

Die aktuelle Ferienplanung der KMK endet derzeit noch im Sommer 2024. Der Dauerstreit zwischen den Ländern sollte in der Sitzung der KMK im Dezember 2021 beigelegt werden.

Roman George

Foto: Scott Webb, www.unsplash.com